pinke tanzende Herzen und ein pinker Schriftzug: "achtsames Online-Dating" vor einer grünen Spirale

Achtsames Online-Dating

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Achtsames Online-Dating – so verhinderst du ein Dating-Burnout

Online-Dating hält große Versprechen für uns bereit: die ideale Partnerschaft, aufregende Flirts und ungezwungener Sex… das sind nur ein paar der Verlockungen, die beim Dating übers Internet auf uns zu warten scheinen. Gerade die endlosen Möglichkeiten können aber auch schnell zu Überforderung und in manchen Fällen sogar zum Dating-Burnout führen. Hier erfährst du mehr über die Vor- und Nachteile von Online-Dating und lernst, wie du durch achtsames Online-Dating deine Begegnungen so gestaltest, dass du wirklich Freude daran hast.

Online-Dating liegt im Trend

Die Gesamtzahl der Online-Nutzer*innen für Dating Services in Deutschland belief sich im Jahr 2023 auf insgesamt etwa 11,5 Millionen – das ergibt eine aktuelle Studie von Statista.
Der Markt bietet eine Vielzahl an Dating-Apps, und kontinuierlich kommen weitere dazu.

Für jedes Bedürfnis, jede „Zielgruppe“ gibt es die passende Anwendung. Das bietet ungeahnte Chancen und Möglichkeiten; nie schien es leichter zu sein, den passenden Deckel zum Topf zu finden. Wer wenig Zeit oder Geld zum Ausgehen und Menschen Treffen hat, kann entspannt vom Sofa aus in Kontakt kommen. Menschen mit besonderen Präferenzen finden mittels Algorithmus ein Gegenüber, das die seltene Leidenschaft teilt. Wer schüchtern ist und es schwer hat, Menschen anzusprechen, dem fällt Schreiben oder Likes verteilen womöglich leichter. Verlockend am Online-Dating mag auch die Idee sein, dass wir gleich von vornherein Bedingungen und Ausschlusskriterien festlegen können, statt uns Hals über Kopf in eine neue Beziehung zu stürzen, um nach dem Abebben der ersten Verliebtheit zu bemerken, dass das Gegenüber doch ganz anders ist, als wir es uns eigentlich wünschen.

Online-Dating verspricht uns, dass wir nicht mehr untätig und sehnsüchtig auf die große Liebe oder ungeduldig auf die nächste Gelegenheit zum One-Night-Stand warten müssen – im Gegenteil können wir unser Schicksal selber in die Hand nehmen und gezielte Schrite gehen, um zu finden, was wir uns wünschen.

Ist Online-Dating also eine wunderbare Errungenschaft, die uns den Zugang zu Sex und Liebe vereinfacht?

Dating-Burnout – die Schattenseiten von Online-Dating

So viele heiße sexuelle Begegnungen, beglückende Affären und liebevolle Partnerschaften durch die Nutzung von Dating-Apps ermöglicht werden, so leicht kann es auf der anderen Seite passieren, dass Menschen sich vom Online-Dating überfordert fühlen und alles zu viel wird. Angesichts der schieren Masse an möglichen Kontakten können Überdruss, Überreizung und das Gefühl der Bedeutungslosigkeit einer einzelnen Begegnung auftreten. Oder es schleichen sich Frust, Leistungsdruck und Minderwertigkeitsgefühle ein, wenn ein ersehnter Kontakt nicht zu Stande kommt oder im Sande verläuft. All das kann zu einem Gefühl der allgemeinen Erschöpfung und Überforderung führen, das manchmal als Dating-Burnout bezeichnet wird. Wenn du bemerkst, dass das Daten dir eher Stress als Freude bereitet, ist vielleicht der Moment gekommen, dir eine Auszeit zu nehmen, um deine Dating-Routinen zu überdenken.

Was tun, wenn dir das Dating über den Kopf wächst?

Doch was kannst du tun, um deine Routinen zu durchbrechen und zurück zu einem Datingverhalten zu finden, mit dem du dich wohl fühlst? Hier sind ein paar Anregungen:

1. Abstand gewinnen

Wenn du merkst, dass dir das Online-Dating nicht mehr gut tut, kann es hilfreich sein, zunächst einen Schritt zurückzutreten, tief durchzuatmen und dir einzugestehen, dass du dir Veränderung wünschst – und dass du diese auch verdienst. Versprich dir selber, diese Veränderung in die Hand zu nehmen – und hol dir Unterstützung, wenn es dir allein zu schwer erscheint. Manchmal kann es hilfreich sein, die Dating-Apps zu löschen – vielleicht brauchst du aber auch nur ein slowing down.

2. Deine Muster erkennen

Finde heraus, was sich an deinen Dates wiederholt;  vielleicht erkennst du Verhaltensmuster, in die du immer wieder verfällst. Das könnte zum Beispiel sein, dass du immer dann das Weite suchst, wenn es wirklich spannend wird. Oder dass du dir während des Sex gar nicht erlaubst, dich selbst und dein Gegenüber wirklich zu spüren. Schau auch, ob du die tiefen Bedürfnisse erkennst, die dich zum Dating motivieren: suchst du Halt, Wärme, Bestätigung, Lebendigkeit, Trost, Sicherheit, Ablenkung…? Sind die Muster, denen du beim Dating folgst, dazu geeignet, diese Bedürfnisse zu stillen?

3. Finde Alternativen

Sobald du die Bedürfnisse erkannt hast, die dich zum Dating motivieren, kannst du schauen, was du genau brauchst, um diese Bedürfnisse wirklich zu befriedigen. Vielleicht merkst du, dass Dating gar nicht ist, was du wirklich willst. Oder du findest eine neue Haltung zum Daten, die dir genussvollere und authentischere Begegnungen ermöglicht – vielleicht ist das, was dir gut tut, achtsames Dating.

4. Lass dich unterstützen

Wenn du merkst, dass du allein nicht weiter kommst und sich keine Veränderung einstellt, scheu dich nicht, dir Unterstützung zu holen. Sprich mit Freund*innen oder mit deiner Familie über deine Situation oder lass dich von qualifizierten Fachpersonen beraten und begleiten. Eine Psychotherapie, Sexualtherapie oder Sexological Bodywork kann hilfreich sein, um aus der Spirale auszubrechen.

Achtsames Online-Dating – wie geht das?

Slow Dating oder auch achtsames Dating kann für unterschiedliche Menschen ganz unterschiedlich aussehen. Hier sind einige Ideen, wie achtsames Online-Dating aussehen könnte. Die Ideen beziehen sich vor allem auf achtsames Casual Dating, bei dem es nicht in erster Linie um den Aufbau einer langfristigen Lebenspartnerschaft geht, sondern eher um einmalige Begegnungen und lose Verbindungen (Freundschaft plus).

1. Selbstbestätigte Intimität

Mach dir eine schöne und sinnliche Zeit mit dir selber. Masturbiere genussvoll und lass dabei zu, dich selber ganz zu spüren. Lerne, den Sex mit dir selbst als gleichwertig mit Partner*innensex zu erleben. Wenn du mit dir selbst eine wundervolle Zeit hast, bist du sexuell nicht abhängig von Dates, die gar nicht zu dir passen. Außerdem kannst du dann auch besser damit umgehen, wenn ein Date mal platzt oder du einen Korb erhältst.

2. Commitment für den Moment – aber voll und ganz

Auch und gerade wenn dein Date eine einmalige Geschichte ist – lass dich für diesen Moment voll und ganz auf dein Gegenüber und auf die Begegnung ein. Bekenne dich zu dem, was du tust – am besten gemeinsam mit deinem Gegenüber. Das macht eure Begegnung authentisch und besonders und schützt euch vor dem Gefühl der Belanglosigkeit.

3. Afterglow – genüssliches Nachspüren

Wenn du eine besonders aufregende Begegnung, besonders intensiven Sex erlebt hast, gönn dir Zeit zum Nachspüren und Runterkommen. Lass die Gefühle langsam abebben, lass Ruhe einkehren, bevor du dich ins nächste Abenteuer stürzt.

4. Kommunikation und Konsens

Genauso wie beim Sex in langjährigen Partnerschaften ist auch beim achtsamen Casual Dating die Kommunikation das A und O. Frag dein Gegenüber, was er*sie braucht, teile mit, was du dir wünschst – sprecht über Vorlieben, Abneigungen, Verunsicherungen und Grenzen. Scheu dich nicht, kompliziert zu sein – je mehr du von dir zeigst, desto authentischer kann die Begegnung werden.

5. Werde kreativ

Entwirf zusammen mit deine*r Datingpartner*in euer ganz eigenes Datingskript. Schaut, worauf ihr beide Lust habt und schert euch dabei nicht darum, wie „es normalerweise abläuft“. Es ist euer Moment. Ganz allein ihr beide entscheidet, welche Art von Sex und Dating zu euch und zur Situation am besten passt.

6. Mit Klarheit auseinander gehen

Verabschiedet euch am Ende eines Dates bewusst voneinander. Vielleicht fühlt es sich gut an, euch beieinander zu bedanken. Ein klares, respektvolles Auseinandergehen kann der Begegnung die Tiefe und Würde verleihen, die sie verdient.
Auch wenn es „nur“ um Sex geht – so geht es doch mindestens um deinen Körper. Und der hat allemal verdient, respektvoll behandelt zu werden.

Weitere info:

  • Wenn du mehr über das Thema Dating-Burnout erfahren möchtest, ist die Studie „hate to date“ von Wera Aretz von der Universität Köln aus dem Jahr 2024 vielleicht interessant für dich.
  • Wenn du das Gefühl hast, dass du Unterstützung beim Umgang mit Casual Dating brauchst, wende dich an ein*n Sexualtherapeut*in. Hier findest du eine Verzeichnis von qualifizierten Fachpersonen im deutschsprachigen Raum.