Ein Mensch stützt sein Kinn in seine Hand. Über seine Stirn verlaufen zwei überkreuzte Balken. Daneben sind drei große Fragezeichen zu sehen als Symbol für die Frage: "Kopf ausschalten?"

Beim Sex den Kopf ausschalten?

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Muss ich beim Sex meinen Kopf ausschalten?

Kennst du das auch? Du hast eigentlich Lust auf Sex, aber du kommst nicht so richtig in Fahrt, weil du immer wieder abgelenkt bist? Es fällt dir schwer, deinen Körper und den deines Gegenübers zu spüren und dich einfach mal fallen zu lassen? Stattdesssen breiten sich störende Gedanken in deinem Kopf aus und du kannst dich nicht auf den Sex konzentrieren. Dann geht es dir wie vielen Anderen. Lies hier, wie du mit Ablenkung beim Sex umgehen kannst, und warum du deinen Kopf vielleicht gar nicht ausschalten musst.

Häufig abgelenkt beim Sex

Sich beim Sex ständig abgelenkt zu fühlen, kann ganz schön frustrierend sein. Besonders, wenn du dich als sexpositiv erlebst, also davon überzeugt bist, dass Sex eine wundervolle Sache ist. Vielleicht fragst du dich, ob etwas mit dir nicht stimmt. Vielleicht hast du ein schlechtes Gewissen deiner*m Partner*in gegenüber. Manche Menschen fangen auch an, sich selber abzulehnen, weil sie von sich erwarten, beim Sex zu funktionieren. Es drängen sich bohrende Fragen auf: „Warum kann ich nicht einfach beim Sex den Kopf ausschalten?“ – „So schwer kann das doch nicht sein?“ – „Andere können den Sex doch auch einfach genießen!“ – „Bin ich überhaupt noch normal?“

Es ist völlig normal, beim Sex abgelenkt zu sein

Die gute Nachricht ist, dass du garantiert nicht die*der Einzige bist, die*der sich beim Sex öfter abgelenkt fühlt. Die große Zahl an Ratgebern, Podcasts und Videos zu dem Thema zeigt, dass es viele Menschen beschäftigt. Wenn du dir wünschst, beim Sex bei der Sache zu sein und mehr Genuss zu erleben, ist deshalb ein ganz wichtiger Schritt, dass du dir klar machst, dass mit dir alles ok ist. Das nimmt eine Menge an Druck aus der Situation und gibt schon mal einen Teil deiner Aufmerksamkeit frei fürs Spüren, Loslassen und Genießen.

Muss ich wirklich den Kopf beim Sex ausschalten?

Häufig kommen Menschen zu mir in die Sexualberatung mit dem Wunsch, beim Sex den Kopf auszuschalten. Gleichzeitig ist die Vorstellung verbreitet, dass das wichtigste Sexualorgan unser Gehirn ist. Dort feuern die Neuronen, werden Hormone ausgeschüttet, wird der Orgasmus ausgelöst. Wie geht das zusammen? Soll der Kopf nun aus- oder angeschaltet werden? Eine Antwort darauf könnte sein: weder noch. Nehmen wir doch einmal Abstand von der dualistischen Perspektive, dass Denken und Fühlen einander entgegengesetzt sind. Dann wird klar: der Kopf ist ein Teil des Körpers, und statt ihn beim Sex auszuschalten, dürfen wir ihn zum Mitspielen einladen. Und wie geht das genau?

Lass deinen Kopf mitspielen!

  1. Achtsamkeit: Bei der Achtsamkeit geht es unter anderem darum, etwas wahrzunehmen, ohne es zu werten. Denn oft wird ein Phänomen erst zu einem Problem, wenn wir ihm eine negative Bedeutung geben. Wenn du merkst, dass du beim Sex abgelenkt bist, kommt wahrscheinlich ganz von selbst die Wertung: „Oh nein, nicht schon wieder, ich bin abgelenkt, ich krieg’s nicht auf die Reihe!“ Schon ist das schlechte Gewissen da und wirkt wie eine Blockade der Lust. Was ändert sich, wenn du die Ablenkung stattdessen einfach bemerkst: „Ah ja, ich bin abgelenkt, schau an. Ich habe Sex und denke gleichzeitig an die Arbeit. So ist das gerade.“ Probier es aus!
  2. Kommunikation: Manchmal hilft es, der*m Partner*in mitzuteilen, dass du abgelenkt bist. Das befreit dich von Performancedruck und holt dein Gegenüber mit ins Boot. Schaut gemeinsam, wie ihr mit der Situation umgehen wollt: Vielleicht entscheidet ihr, deine ablenkenden Gedanken einfach dasein zu lassen. Vielleicht braucht das, was dich beschäftigt, aber auch gerade etwas mehr Aufmerksamkeit, und ihr möchtet zusammen darüber sprechen. Später könnt ihr sehen, ob ihr in den Sex wieder einsteigt.
  3. Ruheinseln im Alltag schaffen: Bist du in deinem Alltag stark eingebunden und hast wenig Gelegenheit, die Seele baumeln zu lassen? Dann ist es nicht verwunderlich, dass Gedanken sich breit machen, sobald du zur Ruhe kommen möchtest. Schau, was sich beim Sex verändert, wenn du dir in deinen Alltag regelmäßig Ruheinseln einbaust. Ein Spaziergang allein, Meditation, ein Besuch in der Sauna oder Journaling sind Gelegenheiten für deinen Kopf, sich ans Nichtstun zu gewöhnen. Das kann dir beim Sex zugute kommen.
  4. Von der passiven in die aktive Rolle wechseln: Bist du beim Sex häufig dann abgelenkt, wenn du eher in der passiven Rolle bist? Dann wage einmal einen Rollentausch: statt hingegeben dazuliegen, dich berühren oder penetrieren zu lassen, gehst du selbst in die aktive Rolle, berührst dein Gegenüber am ganzen Körper, bewegst dich, bringst Ideen und Impulse ein. Verwöhne dein Gegenüber und beobachte, was das mit ihm macht. Vielleicht macht es dir Freude, die Lust deines Gegenübers zu erleben. Lass dich davon anstecken!
  5. Von der aktiven in die passive Rolle wechseln: Findest du dich beim Sex oft in der aktiven Rolle wieder? Dann beziehen sich die Gedanken, die dich ablenken, vielleicht darauf, ob du deinem Gegenüber auch genug Lust verschaffst, ob du alles richtig machst, ob deine Erektion genügt. Auch hier kann der Rollentausch helfen: Erlaube dir, die Regie abzugeben. Auch mal still dazuliegen, dich berühren und verwöhnen zu lassen, dich hinzugeben und dich deiner Lust zu überlassen – und vertraue darauf, dass es dein Gegenüber beglückt, dich so zu erleben.
  6. Aktiviere deine Sinne: Das ist eine wunderbare Möglichkeit, dein Gehirn mit Lustimpulsen zu füttern. Wie fühlt sich die Haut deines Gegenübers unter deinen Händen an (Tastsinn)? Lausche auf die Geräusche, die bei eurem Liebesspiel entstehen – eure Stimmen und eure Körper machen Musik miteinander (Hörsinn). Welche Düfte nimmst du wahr (Geruchssinn)? Was schmecken deine Lippen, deine Zunge beim Küssen… (Geschmackssinn)? Erlaube dir, all diese kleinen und großen Sinneseindrücke wahrzunehmen und wertzuschätzen. Es sind Reize, die deine Lust befeuern können. Dein Kopf wird damit so gut beschäftigt sein, dass die ablenkenden Gedanken sich wie von selbst verziehen…
  7. Mehr spielen, weniger performen: Eine verbreitete Form der Ablenkung beim Sex sind abwertende Gedanken zum eigenen Äußeren: bin ich sexy genug? Findet mein Gegenüber meine Brüste zu groß, meinen Penis zu klein, meinen Bauch zu dick…? Den eigenen Körper zu 100 Prozent anzunehmen, wie er ist, gelingt nicht Vielen. Auch, wenn du mit deinem Äußeren nicht ganz zufrieden bist, kannst du wundervollen Sex haben. Nimm Abstand von dem Gedanken, dass du beim Sex gut aussehen oder etwas leisten musst. Erlaube dir, zu spielen. Erlaube dir, zu scheitern. Erlaube dir Humor. Zwei perfekte Körper, die perfekten Sex miteinander haben – wäre das nicht langweilig? Gerade die Eigenheiten, Ecken und Kanten, die du mitbringst, machen den Sex mit dir einzigartig und bedeutsam.

Wünschst du dir Unterstützung auf deinem Weg zu lustvollerem Sex?

Erscheinen dir die vorgestellten Ideen für weniger Ablenkung beim Sex hilfreich? Weißt du gleichzeitig nicht so genau, wie du sie umsetzen kannst? Dann hilft dir vielleicht eine Sexualberatung oder Sexualtherapie.

unterstützen dich darin, neue Verhaltensmuster zu erlernen und in deiner Sexualität zu verankern.

Trau dich, neue Wege zu gehen und deinen Kopf beim Sex mitspielen zu lassen!